Volksstimme vom 28.01.2012
Erneuerbare Energien lautet das Oberthema für eine Reihe von Werkstattgesprächen, welche die SPD-Landtagsfraktion gestern bei TEUTLOFF in Barby gestartet hat. Im Fokus stand diesmal die Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften.
Von Elisa Sowieja. Barby. Perspektiven von Erneuerbaren Energien aufzeigen und Impulse aus der Praxis für die Politik gewinnen – so beschreibt Silke Schindler, im Landtag Sprecherin für diesen Energie-Bereich, das Ziel der Reihe, bei der Experten referieren und mit dem Publikum diskutieren.
Dass es in der Praxis durchaus Probleme gibt, zeigte Wilfried Fülle in der Diskussion auf. Als Gesellschafter von TEUTLOFF hat er Erfahrung mit der Suche nach geeignetem Personal für dieses Feld. „Wir finden kaum Leute, die entsprechende Maschinen reparieren und instand halten“, berichtete er. „Es gibt zurzeit einen Qualifizierungsstopp.“ Auch geeignete Auszubildende seien rar. „Zu uns kommen manche Lehrlinge mit katastrophalen Voraussetzungen.“
Aus dem Publikum schilderte Manfred Förster vom Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft ähnliche Erfahrungen. „Ein Vertreter eines namhaften Unternehmens hat mir erzählt, dass er insgesamt 80 Bewerbungsgespräche geführt hat. Nur drei wurden so eingeschätzt, dass sie diese überhaupt schaffen können.“
Christian Schüler von der Wirtschaftsförderung der Stadt Staßfurt, ebenfalls einer der Zuhörer, ging sogar noch einen Schritt weiter: „Das Problem ist nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität“, sagte er. „Die Handwerksmeister in Staßfurt bekommen keine Bewerbungen mehr. Das Problem ist das schlechte Image des Handwerks.“
Das Problem der Eignung ist auch bei der Handwerkskammer bekannt. Burkhard Gruppe erläuterte: „Viele verlassen die Schule ohne Abschluss: Währenddessen sind die Betriebe anspruchsvoller geworden. Man darf nicht denken, dass die handwerkliche Ausbildung auf einem niedrigen Niveau erfolgt.“ Fachkräfte müssten jedoch nicht nur ausgebildet, sondern auch gehalten werden. Darauf wies Stefanie Klemmt von der Industrie- und Handelskammer (IHK) hin. „Und dafür müssen wiederum die Rahmenbedingungen wie Personalpolitik und Lohnniveau stimmen.“
Schindler sieht die Schaffung der Rahmenbedingungen für die Ausbildung und das Halten von Fachkräften als Aufgabe der Politik. „Wir müssen die Sicherheit geben, dass Berufe im Bereich der Erneuerbaren Energien Perspektiven haben.“
Günther Schuboth, Mitarbeiter einer Biogasanlage in Sachsendorf, appellierte an die Geduld der Ausbilder: „Die Ansprüche der Betriebe sind zu hoch. Lernen können Auszubildende alles, aber wir müssen ihnen Zeit geben.“
Helmuth Herd, der als Chef der Stadtwerke Magdeburg ebenfalls zu den Zuhörern gehörte, brachte einen ganz anderen Blickpunkt in die Diskussion ein: „Ich glaube nicht, dass wir langfristig darauf setzen können, dass aus diesem Bereich massenhaft Arbeitsplätze entstehen.“ Denn wegen der extremen Wettbewerbssituation mit Ländern wie China müsse man bei Entwicklungen genau auf die Wirtschaftlichkeit schauen.
Dr. Ulrike Lehr von der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung Osnabrück argumentierte dagegen: „Deutschland wird zwar nie wettbewerbsfähig auf den Massenmärkten sein, weil wir dazu einfach zu gern verdienen“, sagte sie. „Aber bisher ist es uns gelungen, auch technologisch anspruchsvolle Elemente zu entwickeln, die wettbewerbsfähig sind.“
Unabhängig davon, wie sich der Fachkräftebedarf in der Zukunft entwickeln wird: IHK und Handwerkskammer sind dabei, auf den aktuellen Bedarf zu reagieren. „Die Nachfrage für Berufe, die den Einstieg in den Markt der Erneuerbaren Energien ermöglichen, ist bereits gestiegen“, berichtete Klemmt. „Im Weiterbildungsbereich gibt es noch nicht so viele Anfragen, hier müssen die Perspektiven noch besser aufgezeigt werden.
Und Gruppe schätzte ein: „Neue Berufe wird es im Handwerk durch die Erneuerbaren Energien nicht geben. Aber die Berufsbilder verändern sich.“ Daher biete man die Verknüpfung von Studium und Beruf an, aber auch passgenaue Qualifizierungen für Unternehmen. „Aber die Initiative muss auch von den Firmen kommen.“