Volksstimme vom 03.01.2013, Foto: Andreas Pinkert
Ersetzt Technik die Menschen? Nicht unbedingt. Im Bildungszentrum TEUTLOFF soll sie Erwerbslosen sogar zurück in den anspruchs-vollen Arbeitsmarkt helfen, indem sie deren Kompeten-zen fördert und ihr Profil schärft. Von Isabell Bittner. Calbe l Richard Teutloff, Ingenieur um die Jahrhundertwende und Vater der Weiterbildung, sagte einst: “Man lernt ein Leben lang.” Seinen Namen trägt seit 1990 die gemeinnützige Bildungseinrichtung TEUTLOFF mit Hauptsitz in Schönebeck und Außenstellen in Magdeburg, Barby, Salzelmen und Calbe. Letztere besuchte die Volksstimme vor wenigen Tagen, um den jüngsten Zuwachs für die Aus- und Weiterbildung kennenzulernen: einen Schweißroboter.
Der Wirtschaft soll zu neuem Aufschwung verholfen werden:
Unter dem Motto “Qualifiziert verbunden” hat das Schweißtechnische Schulungszentrum in Calbe mit dem neuen Partner Kjellberg Finsterwalde Schweißtechnik das moderne System auf die Beine gestellt. Gemeinsam wollen sie mit der Zeit gehen, für Arbeitnehmer ein attraktives Bildungsangebot mit Perspektive schaffen.
“Unser Ziel ist es, der Fluktuation von Fachkräften aus Sachsen-Anhalt entgegenzuwirken”, sagt Jens-Uwe Steinberg, Schweißingenieur in der DVS-Kursstätte Calbe. “Viele Menschen im Salzlandkreis möchten gerne hier bleiben. Aber die beruflichen Chancen sind einfach zu schlecht, deshalb ziehen sie in den Westen oder ins Ausland. Wir möchten der Wirtschaft vor Ort mit bewährter Qualifikation und moderner Technik zu neuem Aufschwung verhelfen”, fügt er hinzu.
Der Roboter ist in vielen Schweißbetrieben immer gefragter, denn er vereinfacht ihnen den Arbeitsablauf. Das Sechs-Achsen-Modell bearbeitet viele Stückzahlen schnell und mit gleicher Qualität. Die Fehlerquote wird somit gegenüber manuellen Verfahren minimiert. Der Mensch bleibt trotzdem unverzichtbar.
Trotz Automatisierung bleibt der Mensch unverzichtbar
Vier Teilnehmer lassen sich an TEUTLOFFs Schweißroboter derzeit ausbilden. Zu ihnen gehört Kurt Ketzian. Er schreibt ein erstes Programm für den Roboter und steuert das Bedien-Panel. Zu dieser Übung gehört, für die Form von “Das ist das Haus vom Nikolaus” die Abfahrtswege des Roboters zu programmieren und dann die entsprechenden Nähte zu schweißen. Ein kompliziertes Bauteil zu schweißen, sei dagegen eine große Herausforderung. Dabei komme es darauf an, sauber, schnell und passgenau auf verschiedenen Ebenen zu arbeiten. “Die Ausbildungszeit wird so gestaltet, dass diese Anforderungen erfüllt werden können”, erklärt Jens-Uwe Steinberg.
Kurt Ketzian wird erst seit einer Woche am Roboter angelernt, bis Juni dauert seine Weiterbildung noch. Laut Steinberg gehört er zu den “hoffnungsvollsten Talenten”. Kurt Ketzians ehemaliger Arbeitgeber ist insolvent gegangen, nun bildet er sich für den anspruchsvollen Arbeitsmarkt weiter fort. “Ich will den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern mir neues Know-how aneignen”, betont er.
Jens-Uwe Steinberg schätzt, dass es in Sachsen-Anhalt etwa 30 mittelständische Unternehmen gibt, die Roboter dieser Art schon einsetzen. Die Chancen für Kurt Ketzian stehen also nicht schlecht, so hofft er. Mit der zusätzlichen Qualifizierung kann er sich von anderen Bewerbern positiv abgrenzen.
Gleiches gilt für die 800 weiteren Teilnehmer des Bildungsangebots der TEUTLOFF gGmbH. Von 80 Mitarbeitern werden sie neben Schweißen in den Bereichen Automatisierungstechnik, Baugewerbe, Bohrtechnik, Erneuerbare Energien, kaufmännische Berufe, Ingenieurberufe sowie Transport- und Baugeräte gefördert. “Wir trachten danach, so auszubilden, wie die Wirtschaft es aktuell verlangt”, erklärt der Schweißingenieur Steinberg. Dazu gehöre, aktuelle Methoden anzuwenden. “Außerdem gehen unsere Akquise-Mitarbeiter und Ausbilder in die Firmen und stellen die Bildungsprogramme von TEUTLOFF vor. Vor allem das Können des Schweißers gehört wieder in besseres Licht gerückt, denn es ist ein toller Job, der viel Kenntnis abverlangt und den es immer geben wird.”
Das Schönste sei es, wenn seine Schweißer nach der Fortbildung bei TEUTLOFF und nach der bestandenen Prüfung schnell vermittelt werden. Bei 60 bis 70 Prozent sei das der Fall. Das ist gemäß der heutigen Lage eine gute Quote, Luft nach oben ist aber immer noch offen. Vielleicht hilft der Roboter in Calbe weiter – zur 100-prozentigen Zufriedenheit der Schweißer.